«Bei der Arbeit im Wald ist alles anders»

Bis zu 400 Stunden trainiert Förster Urs Amstutz vor Weltmeisterschaften im Holzhauen. Bäume fällen und Kettenwechsel bei der Motorsäge sind zwei von fünf Disziplinen. Mit 42 Jahren hat er immer noch grosse Ambitionen.

Er schafft in acht Sekunden, wofür seine Berufskollegen bis zu einer Minute benötigen: Förster Urs Amstutz (42) wechselt die Kette seiner Motorsäge in einer Zeit, in der es nur ganz wenige auf der Welt können – hier zu sehen in einem TikTok-Video. Diese ausserordentliche Marke erreicht er jedoch nur mit seiner Hochleistungskettensäge, die er lediglich für Trainings und bei Wettkämpfen einsetzt – und nicht bei seiner täglichen Arbeit als selbständiger Forstunternehmer in Moutier. Amstutz gehört international zu den allerbesten Holzfällerwettkämpfern.

«Bei der Arbeit im Wald ist alles ganz anders: Dort ist nicht alles perfekt aufgeräumt, die Schrauben der Abdeckung sind verdreckt, mit Harz von den Bäumen überzogen und sitzen fest», sagt Amstutz. Beim Wettkampf liegen seine Motorsäge und der Sechskantschlüssel so bereit, dass er alles gleich richtig in den Händen hat. Die Schrauben kann er problemlos herausdrehen, wenn sie gelockert sind.

Urs Amstutz trainiert an diesem Samstag im Juli mit sieben Kollegen der Nationalmannschaft im Gebäude der Kooperation Oberägeri im Kanton Zug. Sie bereiten sich auf regionale Meisterschaften vor wie dem Holzerwettkampf vom 19. und 20. August in Unterentfelden vor, die im Rahmen der 100-Jahr-Feiern von WaldAargau stattfindet. Im kommenden Jahr werden sie alle an der Schweizer Meisterschaft, die nur alle vier Jahre durchgeführt wird, und an der Weltmeisterschaften in Estland teilnehmen. Mit der Nati, die Urs Amstutz als Leader vorantreibt.

Die Motorsägen, die die Sportler verwenden, sind an sich ganz normale Modelle, wie man sie in Fachgeschäften kaufen kann. Und doch sind sie etwas anders, das hört man gut, wenn sie im Einsatz sind: Sie heulen massiv lauter und höher. Das hat einen Grund: Die Hersteller tunen die Motoren am Computer, so wie man es bei Motoren von Autos kennt. Einen Dauereinsatz über Stunden im Wald würden sie darum nicht überstehen. «Unsere Motorsägen sind aber nicht frisiert», sagt Amstutz.

Die Holzhauermeisterschaften, egal ob regional in der Schweiz oder an einer WM, haben einiges mit dem spektakulären Timbersport gemeinsam, den Sportkanäle im Fernsehen bekannt gemacht haben. Doch es gibt einen ganz grossen Unterschied: Beim Timbersport kommt auch die Axt zum Einsatz, die traditionellen Holzhauer treten dagegen nur mit der Motorsäge an. «Seit etwa 40 Jahren nutzen wir die Axt bei unserer täglichen Arbeit im Wald kaum oder gar nicht mehr», sagt Nationaltrainer Ralph Malzach. Wenn, dann höchstens, um einen Keil einzuschlagen.

Die Förster und Forstwarte messen sich beim Wettkampf in fünf Disziplinen, es geht immer gleichzeitig um Schnelligkeit und Präzision – sei es beim Baumfällen, Entasten oder dem sogenannten Präzisionsschnitt. Bei diesem entscheiden Millimeter. Bewertet wird aber auch die Arbeitssicherheit. Verletzt sich ein Wettkämpfer beim Kettenwechsel auch nur leicht mit einem Kratzer, so hat dies Abzüge bei den Punkten zur Folge.

Amstutz wendet für das Training in diesem Jahr daheim und mit der Nationalmannschaft etwa 100 Stunden auf, im kommenden Jahr mit den Schweizer Meisterschaften und vor allem den Weltmeisterschaften in Estland werden es 300 bis 400 Stunden sein. Sein Ziel ist klar: mindestens ein Sieg in einer Einzeldisziplin, wenn möglich den WM-Titel in der Kombination aller Kategorien. «Gold an der WM fehlt mir noch», sagt der ambitionierte Sportler.